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Lobgesang der Auserwählten im Himmel
Lobgesang der Auserwählten im Hiimmel 2
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In dieser Vision wird uns das Mysterium des Triumphes der Auserwählten vor Augengeführt, ein buntes Gedränge der Seligen in frommer, festlicher Stimmung. Eine der figurenreichsten Kompositionen Dürers, bei der mehr als ein halbes Hundert Kopfzeichnungen in einem Holschnitt zu sehen sind.

Die Szene wirkt wie ein Ruhepunkt der Phantasie, als Erlösung nach all den Schrecken der letzten Ereignisse.Doch bei Dürer gibt es kein Nachlassen der Phantasie, keine toten Stellen. Die Verschmelzung von Kupferstich-und Holzschnitt-Technik gibt einen anschaulichen Begriff, welch enorme Anforderungen er an die Geschicklichkeit seiner Formschneider stellte.

Durch den prägnanten Ausdruck, der auf kleinstem Raum zusammengedrängten Szene, gelang Dürer auf einfachste Weise die Darstellung der Apotheose des Lammes. Das Lamm stellt er in eine hellstrahlende Gloriole, die Füße berühren leicht den zarten Regenbogen und symmetrisch flankiert von den Symbolen der vier Evangelisten, wirkt das Ganze wie ein göttliches Standbild. An beiden Seiten des Bildes stehen dichtgedrängt die 24 Ältestendie gekrönten Herrscher des Tierkreises. Einer von ihnen trägt eine Bischofsmütze und hat die Aufgabe, mit dem Kelch das aus dem Herzen des Lammes entströmende Blut aufzufangen.

Der Kelch versinnbildlicht das Sakrament des großen Opfers, er beinhaltet das Lebensblut Christi, das Wasser des Lebens, das heißt, den Geist der Erkenntnis, Matthias Grünewald zeigt uns mit seinem Isenheimer Altar, daß Johannes der Täufer mit Johannes dem Evangelisten geistig im Bunde ist, wenn es darum geht, das. höchste aller Rätsel, das Mysterium von Golgatha zu lösen. Beide sind Verkünder dessen, den sie gemeinsam das "Lamm Gottes" nannten, der eine bei der Taufe am Jordan, der andere in seiner Vision auf der Insel Pathmos.


Wenn man Dürers Passion aufschlägt, findet man an erster Stelle das Abendmahl. In einer besonderen Wiedergabe wird im Bild nur die leere Schüssel gezeigt, damit wollte er beweisen, daß für ihn-wie auch für Luther • das Abendmahl nicht mehr als Messe galt, nicht mehr Opfer und Sakrament Auf dem Tisch steht nur noch der Kelch, eine sinnbildliche Aufforderung, daß nicht nur den Priestern, sondern auch den Laien nun erlaubt ist, den Wein als das Blut des Herrn zu trinken. Ein weiteres bezeichnendes Beispiel gibt er uns noch in der Holzschnittfolge "Das Marienleben". Bei Marias erstem Tempelgang zeigt sie mahnend auf die beiden gefesselten Schafe; durch diese Hinweise kommen Dürers reformatorische Ideen künstlerisch zum Ausdruck.

Der Lobgesang der Auserwählten ist ein erster Versuch Dürers, das Allerheiligenmotiv so zu gestalten, wie er es später in seinem berühmten Wiener-Bild zur Ausführung brachte. Es ist schon etwas von jener großen Raumgestaltung zu spüren, von dem eigenartigen Bewegungsspiel der Wolken und dem vermittelnden Übergreifen der Landschaft in den Himmel.

Das Überirdische ist groß, das Irdische klein, als bewußter Ausdruck einer Vision von Glanz und Herrlichkeit, einer tiefverwurzelten Freude,entzündet an der inneren religiösen Emofindung. Der himmlische Vorgang wird durch ein wellenförmig konturiertes Wolkenband von dem schmalen Landstreifen, der gerade noch sichtbar ist und dem Berg/auf dem Johannes kniet, getrennt.

Am Schicksal der Natur läßt sich besser als an irgendeiner Gestalt in der Malerei nachweisen, was zur Zeit Dürers ein wirklicher Entwicklungszeuge war, Jeder Fortschritt, der durch das Kunstschaffen der herrschenden Mächte ausgelöst wurde, vereint durch Hof, Kirche und Humanismus, hat die Entwicklung eher gehemmt als gefördert. Man weiß, wie tief im Herzen Dürers die Neigung zur Landschaft lag,Seine Besteller verstanden davon ebensowenig, wie sie dafür Verwendung hatten.

Durch einige Blätter der Apokalypse hat Dürer dem Beschauer einen Einblick in kosmische Vorgänge gegeben. Geschehniss im Himmelsraum wurden mit einer friedlichen Landschaft verbunden und wie in einem Augenblicks-Ausschnitt aus dem großen Weltganzen wiedergegeben. Die friedliche, geschützte Landschaft, der Schicksalshain des deutschen Menschen, wurde in der religiösen Vorstellung das Paradies genannt. Es wurde zum erstenmal durch die Brüder van Eyck im Mittelbild des Genter Altars künstlerisch zur Darstellung gebracht. Das 7. Kapitel der Johannes -Offenbarung gehörte zu den liturgischen Texten des Allerheiligenfestes, das im 11. Jahrhundert auf den 1. November verlegt wurde. Die beiden Künstler haben in ihrem berühmten Altarbild dem Beschauer einen Begriff von Herrlichkeit und Harmonie des Paradieses gegeben.