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Die vier Engel die vier Winde aufhalten
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Diese Vision zeichnerisch darzustellen ist keine leichte Aufgabe. Vier Engel, "die auf den vier Ecken der Erde stehen", die vier Winde aufhalten und abwehren müssen, stellen eine Art Kampfszene zwischen zwei ganz verschiedenen Gegnern dar.

Auf der einen Seite Engel, die als körperliche Wesen betrachtet werden müssen, auf der anderen Seite die nach den vier Himmelsrichtungen benannten Winde, d.h. rein körperlose, atmosphärische Erscheinungen. Um dieses Gedankenbild in ansprechender Weise sinnlich wahrnehmbar zu machen, war es notwendig, die wesenlosen Erscheinungen, gegen die die Engel zu kämpfen haben, zu materialisieren.

Dürer vermenschlichte die vier Winde, indem er ihnen groteske, wildausehende Köpfe gab. Phantastisch aus den Wolken herauswachsend, mit wild flatternden Haaren und mächtig aufgeblähten Backen blasen diese Wind-Köpfe ihren Atem in den Raum. Durch diese Art der Darstellung wird das Sichdrehen der Winde, auf Befehl der Engel, sichtbar vor Augen geführt.

Daß bei dieser Sturmessymphonie die verschiedenartigsten Wolkenformationen von der dunklen undurchdringlichen Schicht bis zur leicht sich kräuselnden Welle - eine wichtige Rolle spielen, ist bei der großen künstlerischen Phantasie Dürers eine Selbstverständlichkeit. Die Engel sind mit dem Rücken gegeneinander gestellt und bilden so einen festen, unverrückbaren Block. Damit soll zum Ausdruck kommen, daß die Engel an den vier Ecken der Erde stehen, nicht wörtlich bzw. geometrisch, sondern in dynamischem Sinne, als die Beschützer der Erwachten.

 


Der Atem der Winde, der in scharfen Strahlen aus ihren Mündern hervorschießt, ist ein besonders schönes Beispiel dafür, wie Dürer in naturalistischer Weise das Darstellungsproblem zu lösen verstand. Das Wesentliche in den Bildern Dürers ist, daß er das Nebeneinanderstehende in einen künstlerischen und inhaltlichen Zusammenhang bringt, seinen Figuren Leben und Bewegung verleiht und in jeder Komposition durch Steigerung einen höchsten Ausdruck erreicht. Die vier Winde haben in der Darstellung eine besondere Bedeutung, sie bestimmen die vier Hauptrichtungen und nach ihnen werden die Jahreszeiten eingeteilt, und sie sind auch die Urheber der Naturkatastrophen.

Im Essener Evangelium des Johannes steht:

"... Der Wind bläst wohin er will und du hörst seinen Laut, aber du kannst nicht sagen, woher er kommt. So ist es mit dem Weltgesetz, alle Menschen hören davon, aber kennen es nicht, denn vom ersten Atemzuge an ist es in ihnen."

Dürer läßt dem Engel des Ostens, der vom Sonnenaufgang kommt, das Kreuz über der Schulter tragen als die Botschaft des Herrn und indem er auf die Auserwählten blickt, weist er mit der rechten Hand bedeutungsvoll auf die blasenden Winde. Die Winde kommen von überallher. Durch alle Zugänge überflutet uns das Wahrnehmbare mit seiner Fülle, unbekannte Erscheinungen und neue Wahrheiten durchdringen in jedem Augenblick unser Bewußtsein. Sie vermischen sich mit dem innersten Leben unserer Seele, um es zu entfalten oder zu vergiften.