Beitragsseiten
Die heimliche Offenbarung Johannis oder "Apocalipsis cu figuris"
Page #
Alle Seiten

Die heimliche Offenbarung Johannis oder "Apocalipsis cu figuris"

Beitragsseiten
Die heimliche Offenbarung Johannis oder "Apocalipsis cu figuris"
Page #
Alle Seiten

Die heimliche Offenbarung Johannis oder
"Apocalipsis cu figuris"

Das erste Blatt zeigt das Martyrium des Johannes vor der porta latina in Rom. Die dargestellte Handlung verweist auf zeitgenössische Zustände. Der pompös gekleidete, erhöht sitzende Kaiser trägt einen Fürstenhut, er hält das Zepter als Zeichen unumschränkter Macht in seiner linken Hand, während die Rechte eine lässige, auf das Gesetz weisende Bewegung macht. Dürer stellt nicht Kaiser Maximilian dar, sondern symbolisiert damit die fürstliche Macht schlechthin. Am Hofe Maximilians vollzog sich alles eher locker und ohne steife Würde. Luxus, Baldachine, ehrfürchtige Distanz und dergleichen gab es nicht mehr. Der Kaiser verkehrte mit seinen Räten und Hauptleuten ungezwungen und natürlich.

Auf dem Bilde zieht Dürer eine feste Schranke zwischen dem Herrscher und dem Richter ( mit Hut), der seine rechte Hand wie zum Richterspruch hebt sowie den Räten und Rittern. Im Hintergrund sieht man eine mittelalterliche Stadt mit Innenraumwirkung, die aber mehr den Charakter eines großen Gefängnisses aufweist als einer lichtvollen, realen Welt. Auf der linken unteren Seite sieht man die Gestalt des berühmten Bildschnitzers Veit Stoß. Dürer hat seinen Künstlerfreund, der im Jahre 1496 aus Krakau nach Nürnberg zurückkam, in das Geschehen eingebunden. Selbstbewußt setzt dieser seinen linken Fuß auf das Podest des Herrschers, er verbirgt mit der linken Hand sein (geistiges) Schwert und zeigt uns in der rechten Hand das Holzschittmesser.

Auf dem Kopf trägt er die bekannte (phrygische) Mütze, es ist die gleiche, mit der er sich auf dem Marienaltar in Krakau selbst dargestellt hat. Unter dieser Mütze verbirgt sich ein Goldband oder eine Goldhaube, wie sie die Ritter trugen. Man kann in der Stirnmitte nur die Konturen eines Steins sehen. Wollte Dürer einen Diamanten darstellen als Symbol der Weisheit?

In erhöhter Position, hinter der Gestalt des Veit Stoß sehen wir einen älteren Mann mit Turban, der mit ernster Miene auf seinen Vordermann blickt. Für das Martyrium des Johannesscheint er kein Interesse zu haben, in würdevoller Weise hält er in seiner linken Hand ein großes Schwert. Ist es ein Richterschwert? Wollte Dürer auf diese Weise auf die Verhältnisse in seiner Heimatstadt hinweisen und die Auseinandersetzung, die sein Freund mit dem Rat der Stadt Nürnberg hatte, zum Ausdruck bringen? Ein vielsagendes Symbol können wir noch auf dem Bilde erkennen. Auf dem Podium liegt in friedlicher Art ein Hund, den die Ereignisse in seiner unmittelbaren Nähe nicht berühren, er blickt mit fragender Aufmerksamkeit in die Richtung des Bildbetrachters.